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Ein Schicksalschlag schafft eine neue Realität

Patchwork Family | Existenzminimum | Liebe

Stefan und Heike fanden in jeweils schwierigen Lebenssituationen zueinander und bewohnen zusammen mit Heikes drei Jungs einen über zweihundert Jahre alten Bauernhof in der Eifel.

Auch wenn es immer mal wieder teils kräftig Blitz und Donner gab -Stefan ist ein echter Eifeler Dickkopf und Heike steht ihm in nix nach- passte nie ein Blatt zwischen die beiden, wenn es um den Zusammenhalt ging.

Nachdem Stefan seine erfolgreiche Bäckerei durch persönliche Schicksalsschläge abwickeln und in die Insolvenz gehen musste, diente er sich bei einem ehemaligen Lieferanten als LKW Fahrer an. Diesen Deal fädelte der dortige Seniorchef ein, der Stefan fast wie seinen Sohn behandelte. Stefan lebte dadurch wieder auf, der gesamte Stress seiner Selbstständigkeit fiel ab. Und sein Leben als Lebemann war Geschichte, was er aber mit Würde und Anstand ertrug.

Heike ist eine Physiotherapeutin, die in einer Praxis in der Nähe arbeitete. Unter den Patienten waren Opfer von Schlaganfällen und Unfällen, sodass sie viel Erfahrung im Umgang mit diesen sammeln konnte. Und die Erfahrung, dass Ärzte oft nicht bereit sind, auf Augenhöhe mit den Therapeuten zu kooperieren.

Um die Familie zu managen und die Jungs gut durch die Schule zu bringen, war beiden kein Opfer zu groß. Das alte Fiat Wohnmobil wurde die Fluchtmöglichkeit aus dem Alltag. WoMo Urlaub brachte Heike mit, Stefan war eher der Hotelurlauber. Nur  einmal -durch einen kleinen Lottogewinn- war ein Tauchurlaub (Kompromissurlaub aus Heikes Sicht) in Ägypten möglich. So waren die Trips zu den Rennstrecken immer ein Familienhighlight, alle unterstützten Stefans Hobby.

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Hauptsache zusammen | Das Wohnmobil als Familienzentrum

Auf den Rennstrecken war das WoMo beliebter Treffpunkt

Motorradfahren war schon immer Stefans und Heikes Ding. Als es ihm auf der Straße zu gefährlich wurde, fing Stefan an, im Kreis zu fahren. Während seiner Bäckereizeit war das finanziell auch kein Thema, mit dem Beginn der Privatinsolvenz schon. Aber auch hier wurde gemeinschaftlich mit den Kids beschlossen: Das machen wir alles zusammen.

Stefan fuhr oft die Reifen, die von den Teamkollegen oder anderen als verbraucht bis nicht mehr wettbewerbsfähig bezeichnet wurden. Doch auch bei der persönlichen Sicherheitsausstattung wurden Kompromisse gemacht, was sich in 2006 aber zum Guten hin wandelte, als Stefan ein Sponsoring in Sachen Klamotten erhielt. Da klar war, dass ein Sturz finanziell nicht aufzufangen war, fuhr Stefan entsprechend passiv. Trotzdem war er immer einer der konstanteren Fahrer im Feld.

Da man nicht ohne Stefan zu den Seriensportevents fahren wollte, legte man auch im Team zusammen, um die Eifeler dabei zu haben. Außerdem hatten sie den Kaffeautomaten im WoMo…

Als der betagte Fiat endgültig seinen Geist aufgab, riskierten Heike und Stefan alles und kauften sich einen gebrauchten Transit vom einem Vermieter. Auch hier war es wichtig, dass die komplette Familie unterkommen konnten, was durch die längenmäßige Veränderung der Kids im Laufe der Zeit natürlich herausfordernder wurde.

Bis heute ist das WoMo die einzige Möglichkeit, mit der Familie woanders sein zu können. Urlaub haben dabei alle -bis auf Heike.

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Der Unfall | Schuldlos in die Katastrophe

Plötzlich war Heike alleine und auf sich gestellt

Den einen oder anderen Bauchplatscher hat Stefan in seiner Motorradkarriere natürlich hingelegt, aber es ging immer glimpflich für Mensch und Maschine aus. Es waren ausschließlich Pilotenfehler -Stefan stand dazu und schob die Verantwortung oder Schuld nie auf andere. Er wusste zudem, wo seine fahrerischen Grenzen lagen.

Dieser Julisonntag in 2013 am Nürburgring war im Vorfeld bereits belastet. Im Rahmen der Langstreckenmeisterschaft des RLC war bereits die Zusammensetzung des antretenden Teams fragwürdig. Stefan war aber heiß auf seine Hausstrecke, wo er als guter Teamplayer als Sidekick seines Teamkollegen gut unterwegs war. Er genoss das Fahren.
Eine Verbesserung im Klassement war nicht mehr aus eigener Kraft möglich, das Podium sicher. Nur noch reinrollen… das durfte dann Stefan für die letzten drei Runden machen, es ging ja um nichts mehr. Stefan fuhr diesen letzten Turn weiterhin rennmäßig flott, aber ohne Risiko. In der Kurve vor Start/Ziel lag er sauber auf der Ideallinie an den Curbs außen und befand sich in der Beschleunigungsphase. Als er das nächste Mal zu Bewusstsein kam, ist er kurz zuvor wiederbelebt worden.

Der Unfallverursacher, der auf seiner 1000er die gesamte Veranstaltung als sein persönliches Training abwickelte, wollte völlig übermotiviert -und völlig sinnfrei- diese “kleine” 750er noch in der Kurve überholen, anstatt dies locker auf der Geraden zu machen. Neben Stefan ging ihm die Strecke aus. Um sich selbst zu retten, zog er nach innen und touchierte Stefan. Stefan hat es nie kommen gesehen.

Stefan schlug mit ca. 150 km/h fast senkrecht in die Boxenmauer ein. 

Dass der Unfallverursacher den Sachverhalt anders darstellte und sich nach seiner Schockphase bis heute nicht entschuldigt hat, ist bitter. Das Video, welches der Staatsanwaltschaft vorliegt, ist grausam, weil es zeigt, wie Stefan aus dem Nichts für Nichts abgeräumt wurde. Ohne rechtliche Konsequenzen für den Verursacher.

Die “gefährliche Körperverletzung” wurde abgewendet, weil der Verursacher mit dieser Aktion sich selbst gerettet hat- allerdings aus einer Situation, die allein aus seiner Schuld entstanden ist.

Wäre dies heutzutage passiert, wäre die Rechtssprechung durch die Raserurteile anders… Die in Kauf genommene Gefährdung anderer wird heutzutage bestraft. Dies wäre sportrechtlich noch mal eine spannende Frage, aber möglicherweise hätte es Unterstützung dadurch gegeben.

Doch Heike wurde in der Zeit nach dem Unfall mit allen Folgen und Konsequenzen allein gelassen, keine Versicherung trat ein, kein Amt half. Dazu die Existenzangst und die Sorge, Stefan würde nicht mehr aufwachen…

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Das erste Jahr | Die Familie steht vor dem Nichts

Die OP überlebt | Aufwachversuche scheitern | Freunde, wo sind sie?

Stefan überstand die OP und auch die nächsten sechs kritischen Wochen. Heike fuhr jeden Tag nach Neuwied ins Krankenhaus. Stefans Glück, dass Heike über ihn wachte.

Für die Kids war die Lage besonders hart. Nachdem sie bereits ihren leiblichen Vater an eine Sepsis verloren hatten, war die Ungewissheit über Stefans Schicksal überfordernd. Zudem sahen sie ihre Mutter weniger bzw. sahen, wie diese über sich hinauswuchs. Ihre Sorge wuchs tagtäglich, dass sie an dieser Situation zerbrechen könnte.

Katastrophal war die Unterstützung Seitens der Ämter. Entweder ignorant oder inkompetent, meist teilnahmslos wurde die Familie sich selbst überlassen. Niemand nahm Heike bei der Hand. Mögliche Ansprüche verfielen, weil sie unbekannt waren. Fast scheint es, als würde Heikes emotionale Ausnahmesituation ausgenutzt, um nichts zahlen zu müssen. Da der Verursacher rechtlich nicht zu belangen war, gab es auch keine Möglichkeit, Geld einzuklagen.

Blieb das engere soziale Umfeld. Selbst heute ist es noch für manche unbegreiflich, was mit Stefan passiert ist. Nicht jeder Mensch reagiert auf so etwas gleich, für jemanden, der Stefan seit der Schulzeit kennt und weiß, was er für ein Lebenmann war, ist es besonders schwer bis unerträglich.
Daher sollte man vorsichtig sein mit der Beurteilung.

Aber viele “Freunde” und Bekannte tauchten völlig ab. “Ghosting” ist der zeitgemäße Begriff wohl dafür. Das schmerzt auch heute noch gewaltig. Dazu noch Facebook Postings lesen zu müssen, wie sich manche mit dem Besuch bei Stefan profilieren, war besonders bitter. Der menschlich absolute Nullpunkt ist aber die Selbstbereicherung an Stefans Situation. Schamlos und ohne Skrupel wurde durch einen privaten Aufruf für die “gute Sache” gesammelt und gespendet. Ein Teil kam an, aber die Geldspenden verschwanden peu á peu. Rechtliche Schritte brachten nicht viel.

Ein Glück, dass die Bikerszene so viele tolle Aktionen startete, um Stefans Familie über Wasser zu halten. Wir sind unendlich dankbar.

Als Stefan für das Kranenhaus nach einem halben Jahr austherapiert war, kam, beschloss der Familienrat, ihn nach Hause zu holen. Das Haus ist heimelig, war aber von Behindertengerecht weit weit entfernt gewesen.
Für den Umbau brauchte es Geld, was nicht da war. “Freundschaftsdienste” wurden teils teuer bezahlt. Und doch kam Stefan Ende 2013 endlich nach Hause.

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Wie entwickelt sich Stefan? | Heike hofft und klotzt

Der Kampf gegen alle Widerstände beginnt | Das Umfeld rückt zusammen

Wie der Tagesablauf Heikes aussah, kann hier nachgelesen werden. Die dringende benötigte Zentralheizung verzögerte sich durch betrügerische Absichten um zwei Jahre.

Gleichzeitig begann der Kampf um Stefans Wiedergenesung. Wir können es nicht anders formulieren: Gegen die Krankenkasse, gegen Ärzte, gegen die Ämter. Gegen Vorurteile. Die Not der Familie wollte man an vielen Stellen nicht wahrnehmen. Stefan war durch die Diagnose “Wachkoma” abgeschrieben.

Stefans Lebensglück ist die Tatsache, dass Heike eine Löwin ist -und eine hervorragende Physiotherapeutin, die Ärzten gegenüber auf Augenhöhe entgegentritt und genau weiß, was sie kann. Und selbstbewusst genug ist, dem Gegenüber mitzuteilen, wenn dieser sie für dumm verkaufen will.

Fortsetzung folgt….