Ich wurde mit Depression in der Trauer in Bad Meinberg aufgenommen. Der Anfang war schwer, da aufgrund meiner massiven Konzentrationsstörungen, Gedächtnisstörungen, Antriebslosigkeit und der langen Zeit in der häuslichen Pflege mit der anschließenden Zeit nach Stefans Tod die Konfrontation mit so vielen Menschen große Angst auslösten.

Aber ich lernte die neue Umgebung als Safe Space anzunehmen und konnte von allen angebotenen Therapieformen sehr profitieren. Es war gut, unter gleich mitfühlenden Menschen alle Themen an- und aussprechen zu dürfen. Ich habe sehr viel geweint und sehr sehr viel Trost und Verständnis erhalten. Nicht nur durch die Therapeuten, sondern auch durch die Mitpatienten. Hier sind auch sehr wertvolle Freundschaften entstanden.

Besonders waren für mich die Therapien in Verbindung mit Bewegung/Sport. Wenn auch die Koordination sehr zu wünschen ließ und lässt, durfte ich akzeptieren lernen, dass auch das in Ordnung ist. Da kann man schon mal mit zwei Sandsäckchen oder einer Kordel auf dem Boden (die man in numerischer und alphabetischer Reihenfolge überschreiten soll) überfordert sein. Beim Tanzen konnte die ganze Gruppe beschwingt und mit einem Lächeln zum anschließenden Abendbrot gehen.

Das Essen war auch abwechslungsreich und eine große Auswahl stand bereit. Die Einzel- und Gruppengespräche waren sehr anstrengend. Oftmals fühlte ich mich körperlich so erschöpft, als hätte mich eine Walze überrollt.

Ich weiß jetzt, dass ich einiges auf den Weg bringen muss, darunter die Existenzsicherung und weiterführende Diagnostik und Psychotherapie. Und ich weiß, dass Trauer nicht nach Schema abgearbeitet werden kann. Es gibt Phasen die sich immer wieder abwechseln können. Es ist wichtig, dass zu wissen! Nicht denken zu müssen, dass etwas mit einem selbst nicht stimmt. Ich habe noch einiges vor mir und weiß, dass ich auch viel Ruhe und ‚alleine‘ Zeit brauche. Ich versuche mich an die Inhalte der Vorträge zu erinnern und merke, meine Gedächtnis Schwierigkeiten stehen mir im Weg. Ich habe eine neue Medikation gegen die Schlafstörungen erhalten, weiß aber auch, dass die Schlafstörungen bei mir eine Schutzfunktion haben. Mit dem Versuch, meinen therapeutischen Weg weitergehen, ist es sehr schleppend. Ich suche immer noch vergebens nach einer psychotherapeutischen Praxis in der näheren Umgebung. Arzttermine habe ich einige hinter mir und bin sehr schnell überfordert, wenn ich z.B. in die Stadt muss (Fachärzte auf dem Land sind selten). Aber ich habe zwei Erkrankungen gesichert und bin froh, dass es nicht hirnorganisch begründet ist. Ich begreife allmählich was Trauma und Depression alles auslösen kann. Einen ersten Besprechungstermin (ambulant) konnte ich wahrnehmen und leider wird in dieser Praxis noch keine Therapie für mich möglich sein. Mein Trauma ist zu tief verankert, sodass ich nun die Einweisung in eine Traumaklinik bekommen habe. 

Für den Anfang kann ich bei meiner Psychologin (neben den regulären Termin) einen Achtsamkeitskurs machen. Und ich nehme am Reha-Sport teil. Zusätzlich bekomme ich bald Hilfe für die Bewerkstelligung meiner Alltagsanforderungen. 

Es ist schwer, diese lähmende Hilflosigkeit abzunehmen. 

Alles was mich bisher ausgemacht hat, ist weg. Ich muss mich selbst als neuen Menschen kennenlernen. 
Heike

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2 Responses

  1. Liebe Heike,

    ich habe in meinem Leben noch nie so viel Hochachtung vor einem Menschen empfunden, wie vor dir. Du bist ein Engel auf Erden, anders kann ich mir deine Willenskraft und deine unendliche Liebe nicht erklären. Ich wünsche dir von Herzen alles erdenklich Gute für Dich und deine Söhne. Fühl dich fest gedrückt, ich sende dir all meine Kraft.
    Ist dein Paypal-Link noch aktuell?

    Viele Umarmungen
    Melanie

  2. Liebe Heike
    ich bin heute durch den Zufall, den es vielleicht nicht gibt, zu dem Beitrag “Leben nach dem Wachkoma” in Youtube und dann auf diese Webseite gekommen. Mich berührt eure Geschichte sehr. Es ist wunderbar, dass Du die Kraft hast, nun durch die Zeit der Trauer zu gehen und einen Weg zu finden, das Trauma so umzuformen, dass es Dich am Ende noch stärker machen wird. Ich weiß, wovon ich da rede.

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