“Seit Jahren schon wird meine Mutti (Stefans Schwiegermama) zusehens bedürftiger an Pflege aufgrund ihrer demenziellen Erkrankung.
Im Elternhaus mit Familienanschluss ist sie bestens versorgt und wir treffen uns dort oder bei uns wenn es möglich ist, um das Vergessen hinauszuzögern.


Unsere Treffen sind immer erfüllt von Freude und Spaß und Lachen.
Vor allem gibt es diese wahnsinns Verbindung von Mutti und Stefan. Die beiden sind sich gegenseitig so wichtig, da geraten Petra und ich völlig in den Hintergrund. Mutti möchte immer sicher sein, dass es Stefan gut geht und umgekehrt. Die beiden sind so fixiert aufeinander und wenden niemals den Blick ab. Es ist immer so süß zu sehen. Ich habe ganz viele solcher Bilder als Erinnerung vor meinem inneren Auge.
Wenn man versucht ein Wort einzuwerfen, meint Mutti „Ach, quatsch doch nicht dazwischen, lass uns doch in Ruhe reden“.
Und das konnten die beiden, Stefan klebt förmlich an ihren Lippen.


Aufgrund Corona sind Besuche selten möglich. Wir machen manches mal Video-Anrufe. Es ist aber nicht dasselbe.
Ein paar Tage waren wir mit dem Womo unterwegs, um eine schöne Zeit zu genießen. Diese Zeit war kurz und erholsam und schön.
Tägliches Nachfragen nach Muttis Befinden bewegt uns dazu, abzubrechen und zu ihr nach Hause zu fahren.
Als wir ankommen, begrüßt sie uns noch mit Blickkontakt und reicht Stefan die Hand (obwohl sie sich ansonsten nicht mehr bewegt). Es ist ein total emotionaler Moment, da sie merkt, dass Stefan sie auch berühren möchte und es aufgrund der Spastik in seinen Händen nicht geht. Er möchte extra aufstehen und sich dann zu ihr runterbeugen. Ich versuche ihn zu halten und seinen Arm zu führen, aber es reicht nicht und Stefan schluchzt schon aus Verzweiflung, sie nicht erreichen zu können. Und dann kommt Muttis Hand ihm entgegen, umfasst seine spastische Hand und streichelt sie mit dem Daumen.
Diesen Moment werde ich nie vergessen. Wo nahm die die Energie her?!
Exakt einen Tag später geht sie ganz sanft und entspannt ins Licht, getragen von Aufmerksamkeit, Liebe und Ruhe.
Die Familie ist beisammen und nimmt Abschied.
Eine wundervolles Gefühl, sie begleiten zu können.
Und eine große Dankbarkeit in Corona-Zeiten nahe bei ihr gewesen zu sein durch die Pflege im häuslichen Raum.”

Heike

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4 Responses

  1. Mein aufrichtiges Beileid

    ,,Sie ist nicht fort, sie hat nur die Räume gewechselt”

    Ich wünsche Euch in dieser sehr schweren Zeit ganz viel Kraft 🙏

  2. Liebe Heike,

    mein aufrichtiges Beileid. Durch den Text den Du geschrieben hast, wird auch einem Aussenstehenden bewußt wie sehr die Bindung zwischen Deiner Mama und Stefan und Dir war. Sehr einfühlsam und ergreifend geschrieben. Ich wünsche Dir all die Kraft in dieser traurigen Zeit. Deine Mama wird immer in Euren Herzen sein und Euch beschützen.

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